Inhalt : Work-Life-Balance: Unsinn oder Notwendigkeit?

In vielen Selbstmanagement-Setups geht es nicht nur um berufliche Verpflichtungen, sondern darum sein Leben sinnvoll zu führen. Marcus Raitner erklärt in seinem Artikel Mein Produktivitäts-Setup gegen eine künstliche Trennung von Arbeit und Leben:

Alle Welt redet von Work-Life-Balance. Ich halte den Begriff für verfehlt und gefährlich anachronistisch, denn er suggeriert, dass Arbeit und Privatleben verschiedene Pole der menschlichen Existenz wären und erst ausbalanciert werden müssten. Das Problem beginnt aber schon mit der unscharfen Definition von Arbeit in der post-industriellen Welt: Ist dieser Blog-Artikel Arbeit? Sind Beiträge auf openPM Arbeit? Und wie steht es mit dem ehrenamtlichen Jugendtrainer im Fussballverein? Oder der Hausfrau und Mutter?

Das Leben hat viele Facetten und Erwerbsarbeit ist nur eine davon. Wieso sollte man als genau hier den Schnitt machen und Arbeit gegenüber dem Rest des Lebens hervorheben? 

Was ist eure Meinung dazu? Wie haltet ihr die Balance in eurem Leben? Bitte einfach den Artikel weiter schreiben … 

Modewort aber wahrer Kern

Bernhard Schloß: Ja, die Work-Life-Balance ist eines dieser schrecklichen, überstrapazierten Modewörter, die in allen Medien breit getreten werden, aber natürlich setzt anhaltende Leistung auch eine entsprechenden Ausgewogenheit voraus. Naturgemäß kommt es in der Projektarbeit (durch ihrer Befristung und einem hohen Erfolgsdruck aufgrund der Bedeutung der Ergebnisse) häufig dazu, dieses langfristige Gleichgewicht zu vernachlässigen. Dann braucht es schon einen Lazy PM, der einen wieder daran erinnert.

Quellen

Beitragende

 

Comments:

Nun, vielleicht ist es doch wichtig von Work-Life-Balanace zu sprechen.

Denn es sei wie es sei: Der "Mensch" ist etwas, was zumeist nicht am Arbeitsplatz erwünscht ist. Zumindest nicht oder noch nicht in Deutschland und auch in vielen Branchen über die Landesgrenzen hinaus. Gewünscht und erwartet ist seine Funktion, selten seine Persönlichkeit. Nämlich nur dann, wenn sie die Funktion unterstützt.

Zugegeben: Immer mehr Firmen entdecken dass es auch anders geht. Dennoch ist es nicht opportun in Boardshorts zur Arbeit zu gehen. Oftmals gehen noch nicht mal Jeans zu Hemd und Jackett. Und die Mitnahme persönlicher Probleme wird oft mit dem schönen Satz quitiert: "Lassen Sie bitte Ihre privaten Probleme zu hause!"

Wenn also der Arbeit- oder Auftraggeber trennt zwischen Work und Life, ist das Thema sehr wohl auf der Tagesordnung. Dazu kommt, dass viele Menschen, anders vielleicht als wir, die Project Management als unsere Berufung ansehen, eine entfremdete Arbeit machen, die sie privat niemals machen würden. Auch diese Menschen finden wir als Mitarbeiter in unseren Projekten. Hier ist es schon Aufgabe des Vorgesetzten, also in dem Fall des PM, eine Balance zwischen Arbeit und Freizeit herzustellen.

Ein Beispiel ist ein altes Projekt (dessen PM ich zu dem Zeitpunkt noch nicht war): Nach einer Laufzeit von ca. 2 Jahren hatte es in dem Team von 35 Mitarbeitern 3 Scheidungen und 4 Trennungen gegeben.

Sowas darf nicht passieren.


 

Posted by jgersdorff at 19. Okt 2013 19:01

"Ich fühle mich außer der Arbeit bei mir und in der Arbeit außer mir" soll mal laut Karl Marx ein Arbeiter von sich behauptet haben.

Die Beschreibung Work-Life-Balance erinnert mich an diesen Satz: "Bei der Arbeit brauche ich nicht zu leben (warum auch? Ich muss doch wie ein Automatisierungsgerät funktionieren (Zwinkern)), außer der Arbeit habe ich mein Life."     

"Hier ist es schon Aufgabe des Vorgesetzten, also in dem Fall des PM, eine Balance zwischen Arbeit und Freizeit herzustellen." - Viele Vorgesetzte sind mit der aktuellen Entwicklung überfordert und versuchen weiterhin mit den erfolgreichen Denkweisen aus den vergangenen Dekaden zu managen. Daher landen sie leider nicht selten bei Bossing oder Management by Angst.    

"Lassen Sie bitte Ihre privaten Probleme zu Hause und Ihre beruflichen Probleme im Büro!" - Auch in früheren Dekaden war das zwar ein Denkfehler, heute isch es nedd a mol Erwähnungswert. Der Mensch war/ist kein Automatisierungsgerät.  

Unternehmen brauchen heute den ganzen Menschen. Die Frage ist: "Wie sollte sich der ganze Mensch in Inner-Work-Life und in Outer-Work-Life einbringen?" 

Heutzutage findet Arbeit fast ausschließlich in Teams statt. - Christian Vogel stellt Dir, mir und sich selbst Fragen, die über Inner-Work-Life und Outer-Work-Life aufgespannt werden könnten:

  • Was ist Erfolg? Wann ist ein Team erfolgreich?
  • Welche “Kräfte” wirken auf ein Team ein? (Stakeholder)
  • Was braucht ein Team um erfolgreich zu sein?
  • Kann ein Team dauerhaft erfolgreich sein?
  • Ist ein Team erfolgreich, wenn es gute Ergebnisse abliefert?
  • Wie definiere ich ein gutes Ergebnis?
  • Wie fördert man die “richtige”, bzw. passende Kultur für ein Team?
  • Gehören Fehler zum Erfolg dazu? (Absolut! Aber die Werte-Kultur hidden in the backstage muss Fehler-machen-dürfen zulassen.)
  • Kann ein Team erfolgreich sein ohne Sinn, oder “Mission”?
  • Kann nachhaltiger Erfolg entstehen, bzw. bewusst gefördert werden?

PS: Ich werde seinen mehrteiligen Blog-Beitrag durch meine theoretischen Wortklaubereien erweitern. Via Facebook haben wir uns knapp ausgetauscht. Paar Begriffe davon poste ich schon mal.   

Posted by tural at 20. Okt 2013 11:38

Auch ein altes Projekt:

  • Ein Gesamtprojektleiter: "Bis Montag ist das erledigt, sie haben ja zwei Tage (gemeint Samstag und Sonntag) Zeit dafür".
  • Die Krankenkassen sind aufmerksam geworden dass es so viele Ausfälle wegen Burn-Out gab
  • ein Selbstmord

Ja, wir müssen über Work und Blance reden und vor allem über "Life".

Wie sagte mein alter Auftraggeber: " Sie sind hier zu arbeiten, nicht um zu denken." Jetzt habe ich einen neuen Auftraggeber.

Das Leben ist einfach zu kurz und zu schön um Dinge zu ertragen die Nerven. Das fängt bei meinem VW T4 an, in welchem ich die letzten Jahre Unsummen an Reparturkosten investiert hatte (wie blöd) und endlich verkauft habe...bis zu den Dingen die sich im Keller stapelten (richtig Vergangenheitsform).

Das geht bis hin zur Arbeit: Arbeit, die keinen Spaß macht, nervt. Weg damit.

Wir erleben gerade den Wandel weg von der Industriellen Gesellschaft hin zu einer Wissensgesellschaft, wo es wichtiger ist, dass man jemanden für die Lösung seines Problems findet, als stupides lokales Denken. Wissen geben und nehmen....Ich glaube, dass wir am Ende dieser Entwicklung etwas sozialer geworden sind und das Ego etwas niedriger aufgehängt wird.

Posted by rsagb at 24. Okt 2013 23:28

Ich bin nur in Balance, wenn der Job passt.

Sieht man den Job als Mittel zum Zweck (Geld), dann sollte man sich Türen schaffen, damit man Work und Life trennen kann. Somit tritt man bewusst durch eine solche virtuelle Tür, um von Work auf Life oder umgekehrt zu wechseln.

Bin ich allerdings mit meinem Job in Balance, dann muss ich nicht trennen und kann gleichzeitig Leben und Arbeiten. Dies sollte die moderne Arbeitswelt ermöglichen, denn sonst wird sie dem modernen Menschen nicht gerecht.

Posted by wolfspad at 31. Okt 2013 15:38

Tatsächlich ein schwieriges, aber interessantes Thema.

Was ich in Konzernen gelernt habe:

  • Work-Life-Balance ist ein (über-)lebensnotwendiges Konzept für Mitarbeiter
  • Sozialkompetenz, Soziale Kontakte (auch mit Kollegen und Mitarbeitern) gehört in die Freizeit und ist am Arbeitsplatz nicht erwünscht.
  • Soziale Netzwerke (selbst die, die firmenintern betrieben werden) gehören nicht in die Arbeitszeit, sondern sind Privatvergnügen.
  • In die Arbeitszeit gehört nur, was dem Deckungsbeitrag dient.
  • Die Stechuhr ist des Mitarbeiters bester Freund, da sie den Übergang von Arbeitszeit zu Freizeit zu definieren hilft.

Wer versucht, die eigene Überforderung oder die der Kollegen zu thematisieren, oder sich gar erdreistet, Lösungsansätze mitzubringen, kriegt einen Vortrag über das Verhältnis zwischen AE und Head-Count*.
Daß Kollegen einfach irgendwann mal mit ihren täglich 12, 13 Stunden nicht mehr klar kommen, wird nicht mehr wahrgenommen. 

Damit bleibt letztlich nur der Rückzug in die relative Sicherheit des Arbeitsvertrages.

Wen wundert's, daß die Mitarbeiter sich nicht mehr als Mitarbeiter verstehen, sondern als "Humanressource", die für 8 Stunden am Tag im Sinne der Firma zu funktionieren hat.

In einem Utopia jenseits der klassischen Konzerngrenzen mag "Work-Life-Balance" überflüssig sein. Meines Erachtens ist das aber schlichtweg unmöglich, wenn selbst Burn-Out-bedingte Todesfälle nur dazu führen, daß das Fehlen der Erfahrung und des Wissens des eigentlich sehr geschätzten Mitarbeiters bedauert wird.

Das klingt alles sehr zynisch, aber an der Stelle habe ich die Schönfärberei endgültig abgelegt, und meine eigenen Strategien entwickelt.

Dazu gehört, daß ich Handy und Laptop strikt trenne: Ich habe zwei Handys: Das Firmenhandy, das sich um 18 Uhr in den Ruhezustand versetzt, und außerhalb von Büro und Dienstreise nicht angerührt wird, sowie mein privates Handy. Entsprechend beim Laptop.

Gemischt wird zu 99% nicht, außer ich habe auf meinem privaten Laptop Software, die ich ausnahmsweise für die Firma nutze.

Sind wir doch mal ehrlich: Die strikte Trennung von Beruf und Privat ist nicht (ausschließlich) auf dem Mist der Angestellten gewachsen, sondern wird von den Firmen forciert.

Ach so: Ehe ich es vergesse:

Mein Job an sich macht mir Spaß, und die Zusammenarbeit im Team erfüllt mich. Ich bin auch bereit, mehr zu tun, und für meine Teammitglieder immer erreichbar zu sein. Auch flexible Gestaltung von Arbeitszeiten ist für mich eine wunderbare Sache.

Ich möchte mich aber dafür nicht immer rechtfertigen müssen...

*) "Head-Count" gehört für mich genauso wie "Human Resources" in die Abteilung "Unwörter des Jahrhunderts"

Posted by tniewoehner at 31. Okt 2013 22:00

Nun, ob Handy, Tablet, Laptop, ....der Umgang damit ist meines Erachtens reine Selbstorganisation. Firmenhandy, welches privat verwendet werden darf gibt's ohnehin kaum, und wenn, man muss ja nicht rangehen (Bei manchen Handys gibts nicht einmal einen Ruhemodus....).

Was ich erlebt habe: Da wird den Mitarbeitern verboten ihre privaten Handys in der Firma a) zu verwenden (Private Telefonate sind keine Arbeitszeit und daher muss ausgestempelt werden) b) Stromaufladen ist Diebstahl. Und dann wundert sich der Chef wenn er bei Serverausfall niemanden erreicht, auch nicht den Spezialisten den er bräuchte, dieser aber blöderweise keine Bereitschaft hat. Umgekehrt machens die Angestellt dann auch: Firmenhandy wird nach Dienstschluss ausgeschaltet. Ist so ein zweischneidiges Schwert. Einerseits gesetzteskonform Arbeitszeiten einhalten, andererseits unflexible wenn's mal notwendig wäre. Ich denke, dass muss jeder für sich entscheiden (Angestellter und Chef). Es geht aber auch anders, siehe "Deutschlands beste Arbeitgeber".

 

Posted by rsagb at 31. Okt 2013 23:14