Inhalt : Projektmanagement im bürgerschaftlichen Engagement - Schlüsselfaktor: Sozialkompetenz

Der Begriff Projektmanagement ist jedem aus der Arbeitswelt ein Begriff – aber auch im Bereich des bürgerschaftlichen Engagements ist es Gang und Gebe, innerhalb eines begrenzten Zeitraums zielgerichtet Ressourcen für einen einmaligen Zweck zu bündeln, sprich in Projekten zu arbeiten. Das Spektrum reicht vom kleinen überschaubaren Projekt bis hin zum Großprojekt.

Der wesentlichen Unterschied zu Projekten in der Geschäftswelt: in Projekten des bürgerschaftlichen Engagements stellen Freiwillige unentgeltlich ihre Arbeitskraft zur Verfügung. Ihr Motiv: Spaß und Freude an einem Thema, an der Zusammenarbeit mit anderen, die Verwirklichung eigener Ideen, die Bereitschaft etwas zu bewegen und sich einzubringen oder der Wunsch sich selbst zu entfalten. Nur derjenige, dem es gelingt, die Bedürfnisse und Motive der Engagierten in Einklang mit den Erfordernissen des Projekts zu bringen, verfügt letztendlich über die erforderlichen Mitstreiter es stemmen zu können.

So bunt wie die Motive, so unterschiedlich sind auch die Menschen, die in einem solchen Projekten mitarbeiten. Während in der Geschäftswelt zumindest im beschränkten Umfang ein ähnlicher fachlicher Hintergrund vorherrscht, kann man in Projekten im Bereich des bürgerschaftlichen Engagements hiervon nicht ausgehen.

Je nach Zusammensetzung der Teams, freiwillig Engagierte mit Hauptamtlichen oder ausschließlich von Freiwilligen getragen, entstehen darüber hinaus weitere Spannungsfelder. Auf der einen Seite steht der Freiwillige, getrieben vom Wunsch Dinge zu verändern und der Meinung zu wenig Unterstützung von Seiten der Hauptamtlichen zu erfahren. Auf der anderen Seite ist der Hauptamtliche, der die Projektarbeit mit seinen beruflichen Verpflichtungen in Einklang bringen muss und – nicht zwangsläufig – aus eigenem Antrieb im Projekt mitwirkt.

Umso wichtiger ist daher von Beginn an das gemeinsame Verständnis über das Ziel. Das beinhaltet eine gemeinsame Zielvision aller beteiligten Akteure sowie ein klares Verständnis darüber, welche Rahmenbedingungen gegeben sind, aber auch ein gegenseitiges Verständnis der Interessenslagen und Motive, gezeichnet durch ein hohes Maß an Transparenz.

Gefragt sind bei der Steuerung solcher Projekte, in höchstem Maße die weichen sozialen Kompetenzen. Führen im Projekt heißt hier, viel mehr als in der Geschäftswelt, die Bedürfnisse der Teammitglieder zu antizipieren, sie ernst zu nehmen. Hierarchische Strukturen wirken kontraproduktiv. Disziplinarische Gewalt gibt es nicht. Der Projektmanager ist mehr Moderator, Berater und begleitender Unterstützer als „Leiter“. Er zieht sich auf eine koordinierende, moderierende Funktion zurück. Er schafft Hindernisse aus dem Weg, moderiert die Projektsitzungen, unterstützt fachlich-beratend und wenn es sein muss auch schlichtend. Sein ganzes Können als “Diplomat” und “Motivator” ist gefragt.

Vorsicht ist bei der Verwendung von Fachtermini geboten, denn diese sind zumeist aus dem betriebswirtschaftlichen Kontext entlehnt und deren unkritische Übertragung kann schnell zu Missverständnissen, ja sogar zu Ablehnung führen. Häufig stammt ein großer Teil der Engagierten nicht aus dem beruflichen Kontext des Projektmanagements und ist mit den Begriffen kaum vertraut. Irritationen sind vorprogrammiert, wenn zu sehr in der Managementfachsprache formuliert wird. Mancher vermutet dahinter den Versuch, etwas zu verschleiern. Andere wiederum treibt die Angst um, dass das Projekt ausschließlich nach “Kostengründen” beurteilt wird, die Effektivität oder die Nachhaltigkeit bezogen auf die nichtfinanziellen Ziele bei der Betrachtung außen vor bleibt.

Dort wo in Projekten des bürgerschaftlichen Engagements das Fachwissen fehlt, können Projektmanagementprofis beratend und unterstützend wirken. Sie können helfen die richtigen Werkzeuge zu finden, sie für die Bedürfnisse des individuellen Projekts zu modifizieren und sie im Kontext anzuwenden. Es profitieren beide Seiten. Das bürgerschaftliche Engagement bekommt die Chance sich im Sinne einer verbesserten Effizienz und Effektivität zu „professionalisieren“. Der Fachmann kann die Erfahrungen für die Weiterentwicklung seiner sozialen Kompetenzen nutzen.

Comments:

Ein sehr spannender und, wie ich finde, wichtiger Beitrag. Besonders der Hinweis auf gemein verständliche Kommunikation ohne Fachtermini fand ich interessant!

Posted by adietz at 30. Mär 2012 16:19

Dem Beitrag ging eine interessante Diskussion auf Google+ voraus: https://plus.google.com/113638668949851275808/posts/3SXxVpuoyo1

Posted by tmichl at 30. Mär 2012 22:08

Stimmt, danke!

Posted by adietz at 02. Apr 2012 11:09

Moin ..

ein Faktor der durch die akademischen Diskussionen über Methoden und Werkzeugen heutzutage in den Hintergrund gedrängt wird.

Gehört aber IMHO in die Ganzheitliche Sicht auf Projekte denn zu den Non-Profit-Projekten.

CU

Jens

Posted by jgersdorff at 25. Apr 2012 10:14

Ein wichtiger Aspekt, speziell im Bereich bürgerschaftliches Engagement, ist umfassendes Stakeholder-Management (wie natürlich auch in "normalen" Projekten). Auch hier ist Sozialkompetenz gefragt. Es kann sehr schnell zu Kompetenzkonflikten kommen, die dann massiv bremsende Auswirkungen haben können. Die wichtigsten Stakeholder auf die Schnelle sind:

  • Bürgermeister
  • Gemeinderat
  • Gemeindeverwaltung
  • Engagierte Bürger
  • Betroffene Bürger
  • gemeindeübergreifende Verwaltung
  • Landrat
  • Landkreisverwaltung
  • Gemeindeprüfungsanstalt
  • ...
Posted by goetzmueller at 28. Mai 2012 18:59

Hallo Götz,

jetzt muss ich ganz naiv nachfragen: Ich hatte bürgerschaftliches Engagement synonym gesetzt zu ehrenamtlichen Engagement. Deiner Stakeholderauflistung entnehme ich aber einen Fokus auf kommunal(politisches) Engagement. Ist dem so? Oder ist jedes ehreamtlich Engagement (also auch unsere Arbeit auf openPM (Zwinkern)) bürgerschafliches Engagement?

Gruß

Bernhard

Posted by bschloss at 28. Mai 2012 19:57

Hallo Bernhard,

OK, weil bei mir in der Gemeinde genau diese Begrifflichkeit verwendet wird, bin ich darauf angesprungen. Da gibt es immer Querbeziehungen in die Kommunalpolitik (auch wenn die meisten engagierten Bürger gerade das nicht wollen). Bei mir in der Gemeinde wird das bürgerschaftliche Engagement sehr großgeschrieben. Sie hat dafür schon einige Preise gewonnen. Es geht aber in nahezu allen Fällen nicht ohne Gemeinderatsbeschlüsse ... Der GR ist doch sehr darauf bedacht, dass keine vierte "Gewalt" auf kommunaler Ebene entsteht.

Unter diesen Aspekten ist es u.U. sinnvoll mindestens zw. bürgerschaftlichem und ehrenamtlichem Engagement zu unterscheiden.

Zur Differenzierung sehe ich dann noch Ehrenämter in Vereinen u.ä.. Auch da kommt es ggf. zu Wechselwirkungen mit Stakeholdern aus o.g. Liste (Räumlichkeiten, Termine, Mitglieder usw.)

Und dann gibt es noch openPM: Da könnte ich mir Wechselwirkungen zu den klassischen Verbänden (PMI, GPM usw.) vorstellen.

Das Thema Soziale Kompetenz ist in allen Fällen ähnlich wichtig und wie oben geschrieben ein, wenn nicht der wichtigste Aspekte für den Projekterfolg. Wobei ich mittlerweile der festen Überzeugung bin, dass der Mensch in allen Projekten der ultimative (Miss-)Erfolgsfaktor ist. Wenn er es mal nicht sein sollte, wurde nicht genau genug hingesehen oder man hat die Technik o.ä. vorgeschoben, weil sie manchmal ein angenehmer Prügelknabe ist (Zwinkern) Für mich gibt es so etwas wie technisches Versagen nicht. In der Regel wurde z.B. dann eine FMEA nicht bis zu Ende oder intensiv genug durchgeführt. Ähnliches gilt m.E. für Umwelteinflüsse. Maschine/Milieu/Methode/Material/Messung unterliegen auch wieder menschlichem Einfluss, zumindest in der Erkennung und Folgenabschätzung.

Gruß

Götz

Posted by goetzmueller at 28. Mai 2012 20:33