Moderator: Bernd Schulte Osthoff

Die Insel ist eine Metapher. Sie basiert auf dem Rekursionsprinzip der Managementkybernetik und kann für einen einzelnen Menschen, eine Gruppe bzw. ein Team, ein Projekt oder eine Organisation stehen. Sie enthält entsprechend dem Viable System Model von Stafford Beer de wesentlichen Bestandteile einer effektiven Organisation und deren Verknüpfung, gibt außerdem die Zusammenhänge und Wechselwirkungen entsprechend dem Competing Values Framework von Quinn und Rorbaugh, dem Teamentwicklungsmodell von Tuckman, dem Teamrollenmodell von Belbin, den Persönlichkeits/Präferenzmodellen nach DISG und Insights, dem Motivationsmodell nach Riemann-Thomann, dem Organisationslebenszyklusmodell nach Adizes und weiteren wieder.

In der Session erlebten die Teilnehmer in der Rolle des Projektteams die Anfangsphase bis zur Planungsphase eines Projektes und reflektierten dabei die sich verändernden emotionalen Wahrnehmungen im Verlaufe dieses Prozesses. Die Metapher dient mit ihrer Einfachheit als Gesprächsgrundlage und bildet die unterschiedlichen Wissensstände und Herkünfte der Teilnehmer auf ein gemeinsames Modell mit einfachen Begriffen ab. So wird in kurzer Zeit ein gemeinsames Verständnis für das Geschehen gebildet.

Alles beginnt mit der Idee für ein Projekt irgendwo draußen in der Welt. Aus Abteilungen und Teams werden Mitarbeitende bestimmt oder eingeladen und machen sich - mental oder auch physisch - auf den Weg zum Projekt. Bereits hier setzt eine mentale und emotionale Beschäftigung mit dem Projekt ein, das aber zu diesem frühen Zeitpunkt völlig unbekannt ist. Die Insel ist leer, niemand weiß, was ihn erwartet (King Kong?). Auf der Anreise zur Insel können sich erste Gruppen bilden, unterschiedliche Verhaltensweisen wie neugieriges Hinschauen und Nachfragen oder besorgtes Zurückbleiben zeigen sich und in Gesprächen werden Gerüchte ausgetauscht und Sorgen und ungeprüfte Vorannahmen (Vorurteile) bilden sich.

Bei der Ankunft auf der Insel des Projektes wünschen sich alle erst einmal Orientierung. Wer ist da, was ist da, was ist gefordert, was wird gebraucht? Idealerweise begrüßt ein Hafenmeister (z.B. der designierte Projektleiter) die Ankommenden, beantwortet Fragen und informiert sie über die Infrastruktur der Insel. Aus der noch heterogenen Gruppe entsteht der Teambildungsprozess mit der ersten Phase des Forming. Persönlichkeiten, die Neugier und Offenheit leben, gehen eher auf die neue Situation zu als Menschen, die an Sicherheit, Ordnung und Struktur gewöhnt sind.

Nachdem sich so das Projektteam zumindest als Gruppe gebildet hat, erhalten sie die Informationen über das Projekt, den Projektauftrag sowie die Ziele. Sind diese noch zu erarbeiten, so findet auf dem Weg vom Hafen zum Gouverneur (auf der Karte im Uhrzeigersinn im Osten) die Definitions-/Auftragsklärungsphase statt. Gemeinsam mit der Gruppe ermittelt der designierte Projektleiter die Vorgaben für das Vorhaben, das mit dem Projektantrag dann dem Gouverneur zur Freigabe vorgelegt wird. Der Gouverneur repräsentiert den oder die Entscheider (Bereichsleiter, Geschäftsführung, Vorstand, Lenkungsausschuß), die den Projektantrag bewerten und zum Projektauftrag freigeben. Der Gouverneur ist rein management-funktional zu sehen, nicht hierarchisch. Er ist auch nicht der König, dieser ist irgendwo außerhalb der Insel. Damit ist die erste Phase des Projektes abgeschlossen und der Projektleiter offiziell eingesetzt.

Inwiefern z.B. der Gouverneur auf die Vorarbeit des Projektteams eingeht und inwiefern die Entscheidung des Gouverneurs zur Freigabe oder Nichtfreigabe des Projektauftrags transparent ist, hat Auswirkungen auf die Stimmung im Team.

Der Projektleiter kann nun mit seinem Team weitergehen und auf der Grundlage der zur Verfügung stehenden Informationen im Kontor die Planung beginnen. Das Kontor ist der Ort für Zahlen, Daten, Fakten, Listen, Pläne. Hier wird gerechnet, strukturiert und organisiert. Hier wird weder entschieden noch Neues aus der Umwelt wahrgenommen. sondern nur das verarbeitet, was eingebracht wird. Hier werden die Arbeitspakete formuliert und dann in der Ausführungsphase an die Werkstätten verteilt. Menschen, die gerne rechnen und strukturiert denken, fühlen sich hier wohl. Möglicherweise ist jemand im Team, der gerne akribisch Protokoll führt - als Erleichterung für den Rest des Teams. An dieser Stelle kann das Team für sich selbst auch Spielregeln formulieren (Norming).

Im letzten Schritt beginnt das Projektteam mit der Ausführung (Performing). Dazu geht jedes Mitglied in seine individuelle Werkstatt, die einen konkreten Arbeitsplatz, aber auch nur eine Ressourcenfunktion im Projekt repräsentieren kann. Idealerweise können in jeder Werkstatt nach den vorhanden Talenten, nach dem individuellen Potenzial und den persönlichen Vorlieben die anliegenden Arbeitspakete abgearbeitet werden. Der Projektleiter steuert das Projekt derweil vom Kontor aus, reportet an den Gouverneur und holt, kommuniziert und integriert Informationen für das Projekt über den Hafen.

Während der Projektausführung stellt die Insel ein funktionierendes System dar, dessen Elemente in ständiger Wechselwirkung stehen. Es gibt also keinen streng sequenziellen Ablauf (Wasserfall), sondern alles ist ein organisch ineinandergreifendes Ganzes (VSM). Über die Session hinaus sei hier noch erwähnt, dass die Bestandteile des agilen Projektmanagements sowie des klassisch planungsgetriebenen Projektmanagements sich ebenso wieder finden, wie die der agilen Produktentwicklung (SCRUM).

 

 

Und weiterführend: