Bauprojektmanagement ist ein zusammengesetztes Wort, das im Wesentlichen eine spezielle Art des Projektmanagements beschreibt – nämlich das Projektmanagement bei der Entwicklung, Planung und Abwicklung von Bauprojekten. In der Literatur wird unter dem Begriff “Projektmanagement” die “Gesamtheit von Führungsaufgaben, -organisation, -techniken und -mittel für die Abwicklung eines Projektes” verstanden (siehe dazu DIN 69901).
Seziert man den Begriff “Projektmanagement” in seine Bestandteile, erhält man die Wortkombination aus den Begriffen “Projekt” und “Management”, welche nachstehend etwas näher unter die Lupe genommen werden:
Patzak und Rattay charakterisieren in Ihrem Buch “Projektmanagement” ein Projekt als ein einmaliges, zeitlich begrenztes Vorhaben (= “Unternehmen auf Zeit“), das folgende Merkmale erfüllt:
- neuartig
- zielorientiert
- komplex, dynamisch
- interdisziplinär, fachübergreifend
- bedeutend
Der Begriff “Management” hat seine etymologische Wurzel vermutlich im Lateinischen (manus agere = an der Hand führen oder mansionem agere = das Haus (für den Eigentümer) bestellen - letzters würde im Bauwesen besonders passend sein). Aus dem Blickwinkel des Unternehmens wird der Begriff “Management” als “Führen, Leiten, Lenken” aufgefasst. Zur Erklärung des Begriffs existieren verschiedene Ansätze (analytisch-funktionaler Ansatz, empirischer Ansatz, System-Ansatz, etc.), die hier nicht näher erläutert werden müssen. Wichtig erscheint an dieser Stelle aber ein Zitat aus Malik’s Buch “Führen, Leisten, Leben“: “Management ist eine gesellschaftliche Funktion, in der es bis heute keine solchen Maßstäbe gibt.” Und Malik weiter: “Management ist die Transformation von Ressourcen in Nutzen.“. Einen Interessanten Beitrag samt umfassender Diskussion zum Thema “Was ist Management?” kann im PM-Blog von Stefan Hagen nachgelesen werden.
Speziell für Bauprojekte definiert Lechner im “Kommentar zum Leistungsbild für Projektsteuerung HO PS 2001” in Anlehnung an die PM-Literatur das Projektmanagement als Summe von Projektleitung und Projektsteuerung. Dabei gilt es zu beachten, dass man bei Bauprojekten zwischen so genannten nicht (ohne Vollmacht) delegierbaren und delegierbaren Bauherrenaufgaben unterscheidet. Die Projektleitung übernimmt primär die nicht delegierbaren Bauherrenaufgaben, wie z.B. Setzen der obersten Projektziele, Mittelbereitstellung, projektbezogene Repräsentationspflichten, etc. Die delegierbaren Bauherrenaufgaben (z.B. Vertragsbearbeitung, Klärung der Organisations- und Informationsstrukturen, Terminüberwachung, Kostenmanagement, etc.) können von der (externen) Projektsteuerung übernommen werden. Im Leistungsbild der Projektsteuerung sind üblicher Weise auch Controllingfunktionen enthalten. Im Detail ist jedoch bei Bauprojekten insbesondere das wirtschaftliche sowie das technische und inhaltliche Controlling in einem eigenen Leistungsbild für die so genannte Begleitende Kontrolle erfasst. Wichtige koordinierende und überwachende Tätigkeiten sind in der Ausführungsphase (= Bauphase) von der Örtlichen Bauaufsicht direkt auf der Baustelle zu erfüllen.
Somit gibt es bisher vier Disziplinen mit jeweils eigenen, klar abgrenzbaren Leistungsbildern resp. Stellen im Organigramm eines Bauprojektes, die unter dem Begriff Bauprojektmanagement (kurz: BPM) subsummiert werden können:
- Projektleitung (kurz: PLT)
- Projektsteuerung (kurz: PST)
- Begleitende Kontrolle (kurz: BKO)
- Örtliche Bauaufsicht (kurz: ÖBA)
Daraus kann nachstehende Definition für das Bauprojektmanagement abgeleitet werden:
- Bauprojektmanagement im engeren Sinne umfasst die Leistungsbilder der Projektleitung und der Projektsteuerung (BPM i.e.S. = PLT + PST)
- Bauprojektmanagement im weiteren Sinne umfasst die Leistungsbilder der Projektleitung, der Projektsteuerung, der Begleitenden Kontrolle und der Örtlichen Bauaufsicht (BPM i.w.S. = PLT + PST + BKO + ÖBA)
Wie nun bei einem konkreten Projekt die Stellen im Bauprojektmanagement besetzt werden, hängt primär von der Größe und Komplexität des Projektes ab. Bei kleineren Projekten ist es sicher ausreichend, wenn das BPM i.e.S. von einer Person übernommen wird und durch eine ÖBA in der Ausführungsphase unterstützt wird. Bei Großprojekten wird sowohl das BPM i.e.S. als auch das BPM i.w.S. von mehreren Teams ausgefüllt werden müssen.
Unterschied zwischen dem auftraggeberseitigen Bauprojektmanagement (= das PM des Bauherren) und dem auftragnehmerseitigen Bauprojektmanagement (= das PM der bauausführenden Unternehmen):
Die obige Definition des Bauprojektmanagements ist auf das auftraggeberseitige Bauprojektmanagement fokusiert. Selbstverständlich kann sie sinngemäß auf das auftragnehmerseitige Bauprojektmanagement übertragen werden. Dabei muss aber stets bewusst sein, dass das Rollenbild z.B. der Projektleitung auf der Auftragnehmerseite andere Tätigkeitsschwerpunkte hat, als jenes auf der Auftraggeberseite. Dies wird noch deutlicher, wenn bei einem Bauprojekt die bauausführenden Leistungen in klassicher Einzelvergabe an viele einzelne Unternehmen vergeben werden. Dann wird zum Beispiel die Projektleitung des Trockenbauunternehmens ganz andere Aufgaben und Tätigkeitsschwerpunkte haben, als der gesamtverantwortliche Projektleiter des Bauherren.