Zertifizierungen sind so eine Sache. In guter Absicht definiert können diese zwar die Grundlagen legen, aber nur selten kommt das dabei raus, was sich Personaler dann darunter vorstellen in Bezug auf Können. Ein gutes theoretisches Gebäude ist eine Hilfe, aber die Erfahrung ist diejenige, die es letztendlich macht.
Nun ist ja über die Zertifizierung von Scrum Mastern schon einiges geschrieben worden. Das möchte ich hier nicht wiederholen. Egal welche man nimmt, Scrum Alliance oder Scrum.org, eine Zertifizierung alleine reicht keinesfalls aus. Auch bei Scrum gelten die alten Regeln: Soziale Kompetenz ist Trumpf. Wer andere Menschen anleiten will, muß wissen was er tut.
Neben den schönen Floskeln aus den Stellenanzeigen ist Lebenserfahrung ein wesentlicher Bestandteil des Skillsets eines Scrum Masters. Er muß Erfahrung im Umgang mit verschiedensten Typen von Menschen gesammelt haben und auch mit deren Macken umgehen können. Er muß abschätzen können, welche Typen er vor sich hat und wie diese zu behandeln sind.
Kommunikationsfähigkeit wird vor allem für das Überzeugen gebraucht. Wer Scrum einführt gewinnt nur, wenn er Leute von dieser Idee überzeugen kann. Auch und gerade gegen Widerstände, die sich bei einer derartigen Veränderung erwartungsgemäß einstellen. Das braucht viel Einfühlungsvermögen bzw. Empathie.
Ebenso muß er in kürzester Zeit Beziehungsnetzwerke schmieden können, um z.B. ein Gegengewicht zu Widerständlern aufbauen zu können. Er muß sowohl auf der Ebene des Managements als auch unter Team-Mitgliedern taktieren können, um seine Sache voranbringen zu können. Dabei ist Durchhaltevermögen der Schlüssel zum Erfolg.
Scrum Master müssen die Ideen von Scrum verinnerlicht haben, um andere wirklich davon überzeugen zu können. Dazu müssen sie selbst mal in dem Dilemma gesteckt haben, das zur Entwicklung des Scrum Frameworks geführt hat. Tiefe Überzeugung läßt sich nicht anlesen, hier braucht es Lebenserfahrung.
Teams zu coachen heißt nicht nur diesen die Scrum Regeln beizubringen. Der Scrum Master muß feine Antennen für die Befindlichkeit des Teams haben, um im richtigen Moment mit den richtigen Maßnahmen einzugreifen. Er muß mit Unsicherheit ebenso umgehen können wie mit überschwänglicher Euphorie. Beide Extrema können sich in regelmäßigen Abständen ablösen und erfordern ein geschicktes Gegensteuern.
Grundsätzlich ist es hilfreich, wenn Scrum Master sich mit der Psychologie, also der Lehre vom Menschen, beschäftigt haben. Letztendlich geht es um das Verstehen menschlicher Verhaltensmuster in den jeweiligen Rollen und Lebensräumen, in denen sie sich bewegen, und der Interaktion von Individuen untereinander.