… oder wie ich einen PM entmachte… und weswegen!
(ACHTUNG: Schwarz/Weiß-Sicht!!!!)
Kommen wir wieder einmal auf den Vergleich eines Schiffes mit einem Projekt zurück:
Als die Titanic das erste und einzige Mal versuchte den Atlantik zu überqueren – und wie man ja sicherlich weiß dabei sank – versuchte der Reeder und Eigner Bruce Ismay der Legende nach das „Blaue Band“ für seine Reederei White Star Line und das Schiff zu gewinnen. Das Blaue Band war eine Auszeichnung für die schnellste Atlantik-Überquerung. Somit sehr prestigeträchtig und für die Reederei das Marketing schlechthin. Aber auch ein vorzeitiges Einlaufen in den Hafen von New York konnte für die Schwesterschiffe Gigantic und Olympic einen wirklichen Wettbewerbsvorteil bedeuten. Das Blaue Band wurde dem Schiff verliehen (wenn man es so nennen darf, denn es gab keinen wirklichen Preis und auch kein Band mit der Farbe Blau!) welches die höchste Durchschnittsgeschwindigkeit auf der Route Europa – New York auf offener See fuhr. Um also als „record breaker“ zu gelten galt es vor allem mit maximaler Kraft zu fahren.
Nun denkt jeder, dass der Kapitän der Chef auf dem Schiff sei. Nach Seerecht ist er das auch und verantwortlich für alle Entscheidungen. Das ist leider nur die halbe Wahrheit. Denn ein Kapitän ist meist eben auch ein Angestellter einer Reederei. Und wenn deren Eigner oder Geschäftsführer mit an Bord ist, kann es sein, dass er eben nur noch die zweite Geige spielt. Und eben so war es auf der Jungfernfahrt der Titanic. Mit Bruce Ismay war der Geschäftsführer und damit Brötchengeber von Kapitän Smith mit an Bord.
Was immer sich zwischen den beiden abgespielt hat, so scheint es doch mit hoher Sicherheit Ismay gewesen zu sein, der den Kapitän drängte das hohe Tempo trotz des bekannten Eisfelds und der 24 Stunden vor dem Untergang eingegangenen Eiswarnungen beizubehalten. Die Aufgabe des Kapitäns war die Sicherheit der Passagiere, Besatzung und auch des Schiffes. Die von Ismay war die, die Reederei in dem stärker werdenden Konkurrenzdruck zwischen den Reedereien zu behaupten. Das Abhängigkeitsverhältnis von Smith gegenüber Ismay führte wohl dazu, dass er sich der unsinnigen Anweisung beugte in einer unklaren Lage (denn die genaue Position der Eisberge war nicht bekannt) zu beugen. Er war in einem Interessenkonflikt.
Ismay, der den Untergang übrigens überlebte, behauptete hinterher, dass er nur „normaler Passagier“ gewesen sei. Zeugen haben es aber irgendwie anders in Erinnerung gehabt.
Nun, was sehen wir hier? Klar, Project Manager sind zwar die Chefs ihrer Projekte aber sie befinden sich immer auch in einem Abhängigkeitsverhältnis. Entweder sind sie in der Firma Hierarchien unterworfen oder sind Freiberufler, die das volle Risiko tragen aus „dem Projekt geworfen zu werden“. Das Fatale daran ist, dass es ihn als Projekt Manager nicht von der Verantwortung befreit. Wenn das Projekt ein Erfolg ist, kein Problem, denn dann gehört dieser Erfolg doch ehrlich gesagt eh anderen; Meist dem Auftraggeber oder jemanden aus der Linie. Ein guter Project Manager wird aber sagen: „Das Team hat den Erfolg möglich gemacht!“. Wenn es aber ein Misserfolg wird, trägt er dafür die volle Verantwortung.
Wie wird ein Projekt Manager also darauf reagieren? Schließlich, das muss mal gesagt sein, ist ein PM nur ein Mensch!
Meine Erfahrung sagt, dass es grob zwei Typen gibt… mit vielen Varianten dazwischen. Aber fangen wir mit den beiden Extremen an:
Der Ja-Sager
Dieser Typus ist recht häufig anzutreffen… „Leider!“ ist man geneigt zu sagen. Er ist der Vertreter der „Kundenzufriedenheit“. Und dies bedeutet vor allem ein gern gesehener Gast in Meetings zu sein. Denn dort wird seine Antwort auf Fragen zum Projektfortschritt, Scope-Erweiterungen oder Kürzungen im Budget oder Zeit immer die gleiche sein: „Ja!“ „Kein Problem!“ „Wir liegen im Plan!“
Nie würde er etwas sagen, was in seinem Augen gegen die Zufriedenheit des Kunden ist… zumindest wie er diese interpretiert. Sollte jemand aus dem Team Bedenken äußern, kommen dem Projektteam gerne Sätze wie „Wir sind Dienstleister!“ oder „Wir müssen das möglich machen“ zu Gehör. Wenn das Projekt die ersten Anzeichen von Schieflage erfährt, kommen Sätze wie „Das schaffen wir schon“ hinzu.
Der Ja-Sager ist wie gesagt gerne gesehen und dies ist sein Ziel. Nicht wirklich ist er an einem Projekterfolg im Sinne der Lehrbücher (also Time, Budget und Scope) interessiert. Nein Interesse und Augenmerk liegt auf dem Wohlfühlfaktor des Auftraggebers.
Seine positive Meinung zum Zustand seines Projekts wird genährt zumeist von einem unrealistischem Plan, keinem oder rudimentärem Controllings und einer sehr positiven Weltanschauung. Zumeist wird er irgendwann abgelöst. Selten führt er ein Projekt zu ende. Gerät das Projekt aber merklich in Schieflage ist sein Verhalten dem des Kapitäns der „Costa Concordia“ sehr ähnlich: Er schwingt sich in ein Rettungsboot und sucht Land!
Dann kann er die Früchte seines Handelns einfahren: Weil er so nett und entgegenkommend war, bekommt er meist sehr schnell ein neues Projekt. In seinem alten Projekt schlägt dann allerdings die Stunde des Nein-Sagers. Dem steht er gelassen gegenüber, weiß er doch sehr genau, dass mit jedem Tag sich seine alten Auftraggeber öfter und gerne seiner erinnern werden weil er doch so nett war!
Der Nein-Sager
Dieser Typus, das Alter Ego des Ja-Sagers ist mit diesem geboren worden. Seine Vita strotzt vor geretteten Projekten, die er in Schieflage übernommen und noch in den sicheren Hafen gesteuert hat. Seine Erfahrungswelt ist davon geprägt. Schon lange ist er eben in der Situation Projekte von Ja-Sagern zu übernehmen. Daraus hat er seine Schlüsse gezogen und sagt sich: „Wenn JA das falsche Wort ist, muss NEIN das Richtige sein!“
Er hat ein erprobtes Vorgehen, plant und führt Controlling ein, und hält sich nur an die Anforderungen. Und hier an dieser Stelle beginnt sein Problem. Sind der Plan und die Anforderungen für gut befunden, hält er daran fest! Nichts und niemand kann ihn nun noch vom Kurs abbringen, selbst wenn der Flottenverband eine scharfe Kehre nach Steuerbord macht, wird er auf Kurs bleiben. Jede Änderungen der Anforderungen (also Change Requests) werden abgelehnt mit Vehemenz und einer ganzen Liste an Risiken. Überhaupt Risiken: Er ist ein lebendes Risikoregister. Dies bestärkt ihn in diesem Handeln. Denn Risiken stehen seinem Plan im Wege, wenn sie eintreffen. „Wir halten uns an den Plan“ ist einer seiner beliebtesten Sprüche. Er verwechselt Beharrlichkeit mit Starrsinn. Er redet gerne von „seinem Projekt“ und meint es genauso besitzergreifend wie das besitzergreifende Personalpronomen zu verstehen gibt. Diskussion zwecklos. Man kann sich nicht an dieser Art Projekt Manager reiben – nein – nur an ihm stoßen.
Sein Auftreten als Bedenkenträger dient vor allem dazu Änderungen zu verhindern.
Letztlich führt er seine Projekte in den Hafen, aber er stellt sich nie die Frage, ob es dann noch der richtige Hafen ist! Und zumeist hat er bis dahin an so viele Ecken geschlagen, dass er kein neues Projekt mehr bekommt. Da nimmt man dann doch lieber den Netten, den mit dem JA …
Man kann sehr schön sehen, dass keiner der Beiden Typen wirklich ein Projekt weiter bringt. Zwar sind die Ziele des Nein-Sagers noch am dichtesten an den Projektzielen orientiert, jedoch ist seine Art meist nicht geeignet eine positive Stimmung zugunsten des Projekts aufzubauen. Das schafft zwar der Ja-Sager, allerdings ist seine Art nur geeignet das Projekt an allen Zielen von Zeit, Geld und Anforderungen vorbei zu führen.
Auch wenn man es nicht glauben mag: Aber in den von mir angesprochenen Varianten dazwischen ist es oft so, dass sich die negativen Eigenschaften mischen.
Es ist also essentiell von vornherein einen Projekt Manager zu suchen, der zwar gradlinig ist aber auch dem Auftraggebern zuhört.
Anders natürlich, wenn sich das Projekt eng an die Linienorganisation, also eine Abteilung, anlehnt. Dann ist es durchaus sinnvoll, wenn der zuständige Vorgesetzte die Fäden in der Hand behält. Aber auch dann sollte keiner der beiden oben genannten Typen in einer Rolle „Projekt Manager“ gewählt werden. In einen solchem Fall braucht es ein Projekt Coordinator, oder vielleicht ein Projekt Expeditor. So bleiben Verantwortung und Management bei demjenigen, der auch die Entscheidungen treffen wird und will. Und die Rolle hat klar zugewiesene Kompetenzen und Verantwortungen. Allerdings muss sich dann jeder auch im Klaren sein, wer im Falle von Fehlern oder gar dem Scheitern die Verantwortung trägt: Der Linienvorgesetze.
Projekt Manager sind ausgebildet und es auch gewohnt, dass sie Millionen von Euros in ihren Budgets verwalten und verantworten. Wenn sie dem Auftraggeber gegenüber treten, machen sie es im Bewusstsein dieser Verantwortung. Denn es ist nicht selten, dass ein Projekt Manager in seiner Karriere schon bedeutet mehr Budget verwaltet hat, als der ihn beauftragende Manager.
Ein PM fühlt sich nicht als „Erfüllungsgehilfe“, sondern als jemanden, dem es anvertraut wurde, einen spezifischen Wunsch des Auftraggebers zu erfüllen. Die Techniken dazu hat er erlernt, in vielen Projekten angepasst und verfeinert. Darin ist er Fachmann.
Manager in einer Linienorganisation zu sein, bedarf anderer Fähigkeiten und Kenntnisse. Beide, Manager und Projekt Manager tun also gut daran ihr Wissen und ihre Fähigkeiten zusammen zu legen und gemeinsam aber jeder an seiner Stelle und in seiner Verantwortung die Umsetzung voranzutreiben.