Es war einmal ein BarCamp…
Als alte und begeisterte „Camperin“ spürte ich neulich gewisse BarCamp-Entzugserscheinungen. Das letzte BarCamp war schon einige Zeit her und bis zum nächsten musste ich noch 2 Monate warten. Ich vermisste wieder diese Atmosphäre der Offenheit und Kreativität mit „high speed learning“ Effekt. Da kam dieser Anruf gerade rechtzeitig. Ein Verwandter machte mich auf eine Veranstaltung aufmerksam, die mich thematisch interessieren könnte und in der nahen Zukunft stattfindet.YES!!! Mit anderen Hummeln und Schmetterlingen die neuesten Trends entdecken, Ideen entwickeln, Zoo aus Lego – Steinen oder sogar großartige Türme aus Marshmallows und Spaghetti – Nudeln bauen… Obwohl es dort keine festen Regeln geben wird – jeder darf machen worauf er gerade Lust hat und für die Außenstehenden wird es merkwürdig aussehen – es werden tolle und brauchbare Ergebnisse entstehen.Ich zögerte nicht lange, buchte meine Zugfahrkarte und meldete mich für dieses BarCamp an. Ein tolles Camp – Wochenende, verbunden mit einem Familienbesuch stand also bevor.
Es war das kleinste BarCamp, auf dem ich bis jetzt gewesen bin. Ich freute mich schon auf die vielen persönlichen Gespräche. Nach einer ganz pfiffigen Vorstellungsrunde - passend zu dem Leitthema des BarCamps - wussten wir, wer sich mit welchen Themen tagtäglich beschäftigte. Eine interessante Mischung – genau die richtige für spannende Diskussionen und regen Austausch!!!
Bei der Session-Planung kam ich etwas durcheinander – ein Teil war schon verplant und wurde von netten Assistentinnen einfach auf die Pinnwand platziert. Auf einmal war der halbe Tag fest vorgegeben. Als erfahrene „Camperin“ vermutete ich, da kommen noch andere Sessions und mein Vormittag wäre gerettet – es kann doch nicht sein, dass wir den Vorgaben des Organisationsteam befolgen müssen??? Doch die weiteren Vorschläge kamen nicht, und ich wurde leicht nervös. Die Teilnehmer wirkten etwas abwesend und dem Organisationsteam fehlte es an der nötigen Energie, die Camper zu einer Session zu motivieren. „Dann wird es keine parallele Session geben“ – kam die Aussage des Organisators - er fand es schon als BarCamp-Besucher doof, nicht an allen Sessions teil-nehmen zu können. Das Gefühl, etwas zu verpassen, scheint bei ihm tiefe Spuren hinterlassen zu haben. Meine Verwirrung steigerte sich zu Enttäuschung.
Was ist mit den Hummeln, den Schmetterlingen und dem Gesetz der zwei Füße? Die spielen in jedem „BarCamp-Märchen“ eine nicht zu ersetzende Rolle!!! Es war leider nichts zu machen, außer wenigen Ausnahmen hatten wir nur eine Session. Zu wenig Lebensraum, um die Flügeln zu strecken, ganz zu schweigen vom Fliegen! Ich spürte unsichtbare Fußketten, die immer enger wurden…
Im Laufe der 2 Tage entdeckte ich immer wieder neue Einzelheiten dieses Märchens, die mir zuvor in keinster Weise bekannt waren – war das ein falsches Märchen? Eine Session zum Beispiel klang von Thema her sehr spannend – doch der Moderator hat keinen Raum für Diskussion oder Austausch zugelassen. Es war mehr oder weniger eine Präsentation seiner festen Meinung. Da erfuhren wir auch, dass er es für unangemessen hält die Inhalte in die Welt zu twittern – es sei immer hin sein Eigentum. – Die Folien zu veröffentlichen könnte seine Karriere gefährden, weil ihm jemand das Wissen stehlen könnte.In einer anderen Session wurde der Sinn des „Wissen den anderen zur Verfügung zu stellen“ von dem Großteil der Teilnehmer überhaupt in Frage gestellt – es sei den man wird von den Arbeitgeber dafür extra bezahlt – nach dem Motto Wissen ist Macht, und das kostet Geld! Eine Session wurde von der Liste komplett gestrichen – es haben sich „nur wenige“ Teilnehmer dafür interessiert – stattdessen durften alle eine schöne Präsentation eines befreundeten Unternehmens bewundern.
Für die Hummel und Schmetterlinge unter uns wurde die Luft immer dünner… Was wir brauchen ist: frische Luft zu atmen – die Möglichkeit eigene Meinung zu äußern, offene Fenster und Türen - freien Raum um sich zu entfalten und kreativ arbeiten zu können. Was wir überhaupt nicht gebrauchen können sind die Fußketten die uns daran hindern Ergebnisse zu liefern und Thesen zu hinterfragen.
Auf der Heimfahrt überlegte ich, was der Grund für die aus meiner Sicht misslungene Veranstaltung sein könnte. Das Leitthema war interessant und aktuell, das Organisationsteam hat alles getan, um den Teilnehmern die nötigen Räume und Arbeitsmaterialien zur Verfügung zu stellen... Doch die wichtigste Voraussetzung, das BarCamp-Märchen zu einem Happy End zu führen, fehlte: Die Bereitschaft, das eigene Wissen zu teilen und Ehrgeiz neue Lösungen zu schaffen– und das hat nichts mit dem Thema zu tun, sondern mit der persönlichen Einstellung eines jeden Einzelnen.
Ich war froh, abends mit den Kindern meiner Cousine Spaghetti zu kochen und im Garten Marshmallows zu grillen. So war das Wochenende nicht komplett verloren - es erinnerte mich aber ungemein an andere BarCamp-Märchen, wo die „Marshmallows“ und „Spaghetti – Nudeln“ die Hauptrolle einer spannenden Session spielten…