PM als Festpreis
Nun ist es nicht leicht sich von bestehenden Gewohnheiten zu trenne und neue Wege zu gehen, hat man es sich doch schon so lange in dem Gegebenen eingerichtet. Dennoch möchte ich den Versuch wagen, mal anders an das Problem heran zu gehen und eine der viel beschworenen win-win Situationen zu schaffen. Dazu muss man sich der Probleme stellen und so manches liebgewordene über die Reling werfen.
Welchen Problemen oder besser Verbesserungen müssen wir uns stellen:
Faire Bezahlung des Project Manager
Nutzung von Einsparungspotentialen
Belohnung statt Bestrafung bei Einsparung
Verpflichtung des Project Manager zum Projekterfolgs
Ansatz
Nehmen wir als Annahme, dass ein Project Manager einen ehrlichen Plan erstellt hat. Er hat die Arbeitspakete, die Risiken analysiert und qualitativ und quantitativ geschätzt. Er kennt seine Ressourcen und Mitarbeiter, die er in diesen Prozess mit eingebunden hat. Wenn er nun die Zeitplanung abgeschlossen hat kennt er die Laufzeit des Projekt und weiß auch, wie viel Zeit er in diesem Projekt verbringen muss. Als guter Project Manager weiß er auch, dass durch bekannte und unbekannte Risiken es eine Varianz im Ziel gibt, denn schließlich hat er eine Monte-Carlo-Analyse durchgeführt. Er kann also seine eigenen Tätigkeit innerhalb der Wahrscheinlichkeit kalkulieren.
Und sind wir ehrlich: Das sollte er, wenn er Project Manager ist auch wirklich können.
Was kann ein Project Manager, wenn er nun zu seinem Plan, den er ja vom Auftraggeber (Sponsor) noch ab- und annehmen lassen muss, nun machen? Er kann seine Leistung als Festpreis anbieten!
Hat er einen Plan in der Hand, zu dem er steht und den er für durchführbar hält, sollte es ein Leichtes sein dies zu tun. Denn wenn er anhand der Monte-Carlo-Analsye die richtigen Schlüsse gezogen hat, wird er mit 80% Sicherheit im oder vor dem Plan fertig. Und als Belohnung bekommt er für die eingesparte Zeit seinen Tagessatz. Dazu zeigt er seinem Sponsor, dass er zu dem Plan steht und seinen Teil des Risikos bereit ist zu tragen. Das ist eine vertrauensbildende Maßnahme, nicht nur in Hinblick auf die Vertrauenswürdigkeit des Plans sondern auch auf denjenigen, der diesen Plan umsetzen soll.
Changes
Klar, kein Projekt läuft ohne Veränderungen. Aber mit einem angenommenen Change Request (CR) wird eine neue Baseline geschaffen, die eben auch Auswirkung auf den Endpreis des Project Manager hat. Dies wohlgemerkt in beide Richtungen. Also bei dem Entfallen von Anforderungen reduziert sich der Endpreis gemäß der Laufzeitverkürzung, beim Hinzukommen von Anforderungen erhöht er sich entsprechend.
Wenn es wie in dem Beispiel oben zu einem RC (recommanded change) zur Einsparung kommt, verändert sich der Vertrag mit dem Project Manager nicht.
Risiken
Risiken sind nicht immer klar abzuschätzen, und es gibt auch Risiken gegen die gibt es keine Maßnahmen. Aber auch Chancen sind Risiken und an diesen Chancen wird ein Project Manager ja beteiligt. Wir müssen die Risiken also unterteilen und deren Auswirkungen auch unterschiedlich verteilen:
Managebare Risiken
Wann sind Risiken zu managen? Nun das sollte einfach und klar sein: Wenn es präventive Maßnahmen gibt, Workarounds oder wenn die Auswirkungen abzumildern sind. Diese Art von Risiken schlagen sich eindeutig im Projekt wider: In Form von CA (correctiv actions), RC (recommanded changes) oder in deren Oberbegriff CR (Change Request). Wie immer dem auch sei: Danach sind sie Teil der neuen Baseline und damit schlagen sich Risiken für einen Project Manager nicht negativ nieder, solange er sie managed. Unterlässt er dies allerdings muss er die Auswirkungen verantworten ohne eine Änderung seines Preises. Ein hoher Anreiz dem Satz von Tom deMarco zu folgen: „Managen Sie Ihre Projekte, indem Sie die Risiken managen!“
Nicht zu managende Risiken
Als Umkehrschluss gibt es auch Risiken, die man hinnehmen muss, ohne etwas tun zu können. Vielleicht gibt es noch Abmilderungen, aber ob sie eintreten oder nicht liegt außerhalb der Reichweite es Projekts. Diese Risiken werden zumeist auch in der Risikoliste abgelegt, aber nicht immer. Ein Erdbeben ist nicht voraussagbar, die Finanzkrise nur für Insider und Fachleute abzusehen.
Erkennt man ein nicht zu beeinflussendes Risiko wird es dokumentiert, analysiert und zusammen mit dem Sponsor besprochen. Wird als Ergebnis angenommen, dass bei Eintritt das Projekt mehr Zeit und Kosten produzieren wird, kann man bei Eintreffen des Ereignisses eine CA veranlassen, die wie oben keinen Einfluss auf die Mehrleistung des Project Manager hat, der diese dann bezahlt bekommt. Vergleichbares gilt für unvorhersehbare Risiken. Aber auch hier gilt der Satz, dass diese Risiken beachtet werden müssen und zu CA oder RC führen. Dies gilt auch bei einem Projektabbruch, der aus einem solchen Risiko resultiert.
Risiken durch den Auftraggeber
Ich sehe förmlich das Stirnrunzel. Was sind den das?
Es ist so, dass nicht ein unwesentlicher Teil der Projekte an Auftraggeber Risiken scheitern. Diese sind meist firmenpolitisch motiviert und von Seiten des Projekts nicht oder wenig zu beeinflussen. Und auch der Sponsor eines Projekts ist in diesem „Spiel ums Große“ oft nicht involviert.
Hier ist ein weiterer Leitspruch von Tom deMarco gefragt: „Ein guter Project Manager muss bereit sein, seinen Job jeden Tag auf's Spiel zu setzen!“ Denn es reicht nicht, wenn der Project Manager stillschweigend darüber hinweg sieht. Erkennt er dies Risiken, muss er sie in der Risikoliste auflisten und den Sponsor um Abhilfe bitten. Dies wird aller Wahrscheinlichkeit nach auch im Interesse des Auftraggebers sein. Oft wird hier geschwiegen. Dumm! Ansonsten sind diese Risiken den unmanagebaren Risiken an sich gleich.
In dieser Vorgehensweise wird der Project Manager bestraft, wenn er seiner Aufgabe Risiken zu managen hat, nicht nachkommt. Aber rein praktisch ähnelt die Vorgehensweise dem der Anforderungsänderungen.
Projektabbruch
Wie bezahlt man einen Project Manager, wenn das Projekt abgebrochen wird? Bekommt er seinen Festpreis oder bekommt er gar nichts? Auch diese Frage ist viel einfacher und dabei fair zu beantworten als man meinen würde.
Im Verhältnis zum Earned Value, also dem Projektfortschritt. Liegt er hinter dem Plan und dies vielleicht sogar der Grund für den Abbruch, bekommt er weniger als er gearbeitet hat, liegt er vor dem Plan – was somit aller Wahrscheinlichkeit nach nicht der Grund ist – bekommt er mehr.
Wie aber umgehen, wenn ein Abbruch aus dem vom Auftraggeber hervorgerufenen Risiken erfolgt? Dann sollte es so sein, dass der Project Manager sein vereinbartes Geld bekommt. Denn da kann nur sein Auftraggeber was für und dafür sollte er auch zahlen. Auch unterbindet eine solche Regel den Missbrauch, um den Project Manager kostengünstig zu „entsorgen“.
Zusammenfassung
Was hätten wir mit diesem Ansatz erreicht?
Der Project Manager plant das Projekt ordentlich und erklärt sich verbindlich zu dem Plan.
Der Project Manager hat einen finanziellen Anreiz das Projekt schnellst möglich fertig zu stellen.
Keine finanzielle Bestrafung bei Zeit- und Kostenunterschreitung.
Der Project Manager übernimmt einen Teil des Risikos einer Fehlleistung persönlich.
Der Auftraggeber hat planbare Kosten.
Scope-, Risk Management müssen sauber implementiert werden (Eigeninteresse des Project Manager)
Controlling muss aus dem gleichen Grund funktionieren
Und was fehlt noch?
Noch keine Hinreichende Lösung für angestellte Project Manager
- ???
Zugegeben: Darauf wird sich nur ein Project Manager einlassen, der sein Handwerk versteht. Aber ist es nicht genau das, was ein Auftraggeber sich wünscht?
Comments:
Hallo Herr von Gersdorff, Ein sehr interessanter Denkansatz. Die Idee reizt mich definitiv dazu, sie in einem geeigneten Umfeld einmal auszuprobieren. Das führt mich dann aber auch sofort zum "Reality Check": Wie oft passiert es uns, dass ein Projekt vor Vertragsschluss überhaupt nicht vollständig und ordentlich geplant werden kann? Konsequent wäre es, in diesem Fall die erste Risikoliste zum Bestandteil des Angebots machen. Dies habe ich bereits getan ...und damit auch schon die Erfahrung machen dürfen, dass der Auftraggeber zweilen gerade die in ihm liegenden Risiken definitiv nicht schwarz auf weiß zu sehen wünscht. ...allerdings habe ich bislang noch nicht probiert, diese Maßnahme mit dem Nutzen eines Festpreis-Angebots zu argumentieren. Es bleibt die Herausforderung, die im Auftraggeber liegenden Risiken so vertraglich zu verankern, dass deren Eintreten nicht zu Lasten des Projektmanagers gehen (vorausgesetzt er macht seinen Job ordentlich). Beste Grüße, Christian Philipps
Posted by chrispi at 19. Nov 2013 22:19
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Hallo Jens, ich halte in deinem Ansatz die Rolle des PM für überwertet. Keine Frage: "Gutes" PM ist förderlich für den Projekterfolg, aber ich halte die Korrelation für zu gering um ein solches Modell zu tragen. In der Projektdefinition ist immer schon die Option des Scheiterns immanent enthalten. Wäre die Aufgabenstellung nicht komplex und Risiko-behaftet, dann wäre es ja auch kein Projekt. Und auch die Projekterfolgsmessung mit EVA überzeugt mich nicht wirklich, dafür habe ich schon zu viel vermurkste EVA-Umsetzungen gesehen. Gruß Bernhard
Posted by bschloss at 24. Nov 2013 22:18
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Moin Bernhard, Nun, wenn der PM überbewertet ist, dann schaffen wir ihn ab und sparen uns die Kosten :-) Aber im Ernst: Auch die Kreativität des Teams zu wecken und zu fördern, die Motivation hoch zu halten und damit die Einsatzbereitschaft und das Qualitätsbewusstsein sind alles Faktoren des Project Managements. Meist sind dies, neben den formalen Faktoren, die eigentlich ausschlaggebenden Punkte. Risiken sind zu managen. Das ist eine Aufgabe des PM. Wenn er dies nicht macht, rennt er vor die Wand oder ins offene Messer. Je besser er dies tut, um so besser kann beim Eintritt eines Risikos reagiert werden. Deswegen sollten sich die Risiken ausgewiesen im Plan wiederfinden.
Scheitern ist immer möglich, Allerdings sollte dies nicht aufgrund des Project Managements geschehen. Scheitern hat auch viele Gesichter: Zeit, Qualität, Geld, alles zusammen oder der Projektabbruch. In der Post Mortem Analyse sollte schnell klar sein, was die Gründe eines Scheiterns waren. Daran kann ein PM gemessen werden.
Wenn der Earned Value nicht ein Maßstab sein kann, weil die EVA in der Realität nicht umgesetzt wird, müsste Project Management auch schon tot sein, denn besonders in der IT findet eine Umsetzung oft nur rudimentär statt. Also müssten wir hier über eine Umsetzung der EVA im operativen Project Management reden. Nicht aber sie verdammen.
Der Theorie nach funktioniert ja auch die Demokratie. Sogar die Anarchie funktioniert der Lehre nach. Nur umgesetzt wird es meist mangelhaft. Deswegen ist die Demokratie kein schlechtes Modell, nur weil in der Umsetzung Fehler gemacht werden, oder? ;-)
Posted by jgersdorff at 25. Nov 2013 11:56
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Projekte bzw PMs als Festpreis ist eigentlich der falsche Ansatz.
Richtig wären feste Anteile am erzielten Nutzen. Damit wären zwei Dinge von Anfang an klar
Die Sache hat nur die Haken
Posted by stefanbachert at 28. Nov 2013 14:51
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Moin Stefan: Ja, der Editor spinnt seit einiger Zeit Aber ich verstehe nicht wirklich was Du schreibst:
Kannst Du mir erklären wie Du es gemeint hast?? Vielleicht liegt ein Missverständnis vor!
Posted by jgersdorff at 28. Nov 2013 16:32
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Aber ich verstehe nicht wirklich was Du schreibst: Ich kommentiere Deine Liste (der Illusion)
Posted by stefanbachert at 28. Nov 2013 17:02
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Moin Stefan, Nimm es mir nicht übel, wenn ich nun nicht weiter darauf eingehe. Aber wenn ich mit Deinem Erfahrungsschatz meinen Beruf ausüben würde ohne den Willen was zu ändern, hätte ich mich schon lange einen anderen Beruf denn den des Project Managers gesucht. Was Du beschreibst, würde nicht das Ende des Project Managements bedeuten, sondern das Ende eines jeden Projekts. Wie gesagt: Ich denke, wir haben einen philosophischen Dissens. Dafür gibt es keine Lösung Jens
Posted by jgersdorff at 28. Nov 2013 19:17
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Hallo Herr von Gersdorff, ich gehöre zum Kernteam von openPM. Sie haben geschrieben, dass der Editor spinnt. Können Sie das noch etwas genauer sagen? Dann kann ich mir das mal ansehen. Gern auch per Mail an info@openpm.info
Posted by fogbird at 29. Nov 2013 00:04
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