Inhalt : Projektmanagement im Anlagenbau

Defintion Projektmanagement im Anlagenbau

Der Anlagenbau (Wikipedia) ist eine Branche, die sich mit der Realisierung technischer Anlagen beschäftigt. Durch die Beteiligung verschiedener technischer Disziplinen (wie z.B. Verfahrenstechnik, Energietechnik, Versorgungstechnik, Produktionstechnik, Maschinenbau und Elektrotechnik) aber auch der ökonomischen Ausrichtung als Wirtschaftsbranche ist der Anlagenbau geprägt von Multidisziplinarität. Auch die Einzigartigkeit spezifischer Anlagen legt die Anwendung von Projektmanagement nahe.

Branchenspezifische Anforderungen und Besonderheiten

Im Prinzip unterscheidet sich das PM im Anlagenbau kaum vom klassischen Projektmanagement. Agile Ansätze findet man in dieser Branche eher selten, nicht zuletzt weil Anlagenbauprojekten oft ein hoher Materialaufwand zu Grunde liegt. Je geringer die Fertigungstiefe eines Unternehmens ist, desto mehr muss das Management der Lieferantenbeziehungen und der Anforderungen im Fokus stehen.

Im Anlagenbau kann sich eine späte Änderung in den Anforderungen stärker negativ auf die Erreichung der Projektziele auswirken als z.B. in einem Software-Entwicklungsprojekt. Soll beispielsweise ein Kessel anstatt 100 bar plötzlich einem doppelt so hohen Druck standhalten, muss u.U. die komplette Anlage umgebaut und (je nach Fertigungstiefe) beim Zulieferer ein neuer Kessel bestellt werden. Es resultieren erhöhte Aufwände für Personal aber auch zusätzliche Kosten für Material und damit verbundene Zeitverschiebungen. Neben dem effizienten Management der Ressourcen (Personal, Werkzeug) ist daher die zweite große Herausforderung das Management der Anforderungen und Änderungen.

Ein Anlagenbauprojekt beginnt in der Regel mit der Ausschreibung. Basierend auf einem Lastenheft, in dem wichtige Leistungsparameter, Abläufe oder Ergebnisse vom Kunden (Anlagenbetreiber) definiert werden, erstellt der Anlagenbauer ein Angebot. Das Angebot umfasst meistens ein Pflichtenheft in dem der Anlagenbauer aufführt welche Pflichten er erfüllt. Das Pflichtenheft ergibt sich meistens aus dem Lastenheft und kann aber muss nicht mit diesem identisch sein. Die darauf folgende Phase der Vertragsgestaltung endet im Idealfall mit einem Vertragsabschluss und ersten Ergebnisdokumenten (z.B. Machbarkeitsstudie, Pflichtenheft, Projektplan, …). Am Ende jeden Anlagenbauprojekts steht die Kundenabnahme (der „Final Acceptance Test“). Bestenfalls hat der Anlagenbauer mit der Erstellung des Lastenhefts bereits Abnahmekriterien erarbeitet und deren Erfüllung in Form von Testfällen / Testszenarien, nachprüfbar für den Kunden unter Beweis gestellt.

Zusätzliche Anforderungen an das Projektmanagement im Anlagenbau stellen nationale und internationale Qualitäts- und Sicherheitsstandards für Maschinen und Anlagen dar (z.B. die europäische Maschinenrichtlinie oder das deutsche Produktsicherheitsgesetz).

Auch die am Projektmanagement indirekt beteiligten Organisationseinheiten im Anlagenbau sind vielfältig:

  • Konstruktion / CAD
  • Medienversorgung
  • Rückverdrahtung (Elektroplanung)
  • Montage
  • Steuerung / Programmierung
  • Inbetriebnahme
  • Technische Dokumentation

Weiterführende Quellen

  • Roland Gareis. Projektmanagement im Maschinen- und Anlagenbau. MANZsche Verlags- und Universitätsbuchhandlung Wien, 1991
  • Roland Felkai; Arndt Beiderwieden. Projektmanagement für technische Projekte – Ein prozessorientierter Leitfaden für die Praxis, 2010
Wissenschaftliche Arbeiten:

  • Ulf Wagner. Standardisierung der Projektabwicklung im kundenspezifischen Maschinen- und Anlagenbau. Dissertation, TU Chemnitz, 2010
  • Ralph Sapper. Kriterien und Elemente zum spezifischen Projektmanagement von Investitionsprojekten im chemischen und pharmazeutischen Anlagenbau. Dissertation, Universität Kassel, 2007.
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