Unsere globalisierte, vernetzte Welt bringt es mit sich, daß auch Projekt-Teams immer öfter nicht an einem gemeinsamen Ort zusammensitzen, manchmal nicht mal dieselbe Zeitzone teilen. Scrum schlägt vor, daß man solche Konstellationen meidet. Allerdings haben die Erfahrungen der letzten Jahre gezeigt, daß es sehr wohl möglich ist, eine ähnliche Effizienz zu erreichen, wie sie ein Team erreicht, das an einem gemeinsamen Ort zusammenarbeitet.
Wir betrachten hier nur das Vorgehen, wie man dieses Ziel erreichen kann. Ob es sich wirklich lohnt bzgl. der angestrebten Kostenersparnis Teams zu verteilen sei mal dahingestellt. Hier spielen Skills, kulturelle und soziale Aspekte stets eine wichtige Rolle und diese bringen auch immer zusätzliche Herausforderungen mit sich.
Damit die Kommunikation in derart verteilten Teams funktioniert, müssen sich die Teammitglieder persönlich kennen. Dies funktioniert nur, wenn sie sich bereits aus der Vergangenheit kennen, beispielsweise durch Zusammenarbeit in anderen Projekten oder auch private Kontakte, oder aber im laufenden Projekt die Möglichkeit bekommen, sich persönlich von Angesicht-zu-Angesicht kennenzulernen. Gerade in den ersten Sprints sollten die Teammitglieder tatsächlich an einem Ort zusammenarbeiten, um eine entsprechende Vertrauensbasis aufbauen zu können. Team-Events können diese Entwicklung positiv unterstützen.
Soweit diese Grundlagen gelegt sind, können die Teammitglieder über bestimmte Zeiträume voneinander getrennt arbeiten. Allerdings sollten diese Zeiträume nicht zu lang sein. Ganz auf den Kontakt von Angesicht-zu-Angesicht kann nicht verzichtet werden. Die Retrospektiven sind ein guter Indikator in den Teams, wie lang diese Zeiträume maximal sein dürfen.
Für die Zusammenarbeit über Entfernungen hinweg braucht es eine spezielle Infrastruktur. Dies gilt übrigens auch für Teammitglieder, die ab und an im HomeOffice arbeiten. Grundsätzlich sollte die Teilnahme für alle Scrum Meetings verbindlich sein, ob nun vor Ort tätig (also dort wo z.B. der Hauptteil des Teams arbeitet) oder entfernt tätig.
Da es uns die Technik relativ einfach macht, weltweit und ortsunabhängig per Video zu kommunizieren, sollte diese Möglichkeit grundsätzlich genutzt werden. Mimik, Gestik und andere Aspekte der Körpersprache sind wichtig für eine gute Kommunikation. Wer Videokonferenzräume regelmäßig nutzen kann, ist natürlich fein raus. Aber auch hochauflösende Webcams erlauben heute bereits, die Karten an Taskboards zu lesen. Die Audioübertragung steht dabei in entsprechend guter Qualität zur Verfügung.
Soweit das Team sich um eine solche Webcam herum aufstellt, reicht diese simple Technik aus, damit die entfernten Teammitglieder alles mitbekommen. Hier ist besonders die Aufnahme des Audiosignals durch die Webcam entscheidend. Es ist zudem hilfreich, wenn beide Seiten einen großen PC-Monitor zur Volldarstellung der anderen Seite verwenden, damit wichtige Details der Kommunikation nicht verloren gehen. Der Scrum Master kann so z.B. auch für die entfernten Teammitglieder Befindlichkeiten wahrnehmen, die bei einem Telefonkonferenzsystem nicht so offensichtlich wären.
Soweit auch Teammitglieder hinter einer Webcam agieren, beispielsweise bei Vorträgen mit Zuschauerfragen, sollten Funkmikrofone eingesetzt werden (ähnlich der Publikumsdiskussionen im Fernsehen). Ansonsten bleibt nur, die Fragen des Publikums vom Vortragenden wiederholen zu lassen, bevor dieser eine Antwort formuliert.
Wenn die oben erwähnten PC-Monitore das Audiosignal der anderen Seite wiedergeben und diese mit zu kleinen Lautsprechern ausgestattet sind, oder die Lautsprecher das Signal nicht optimal im Raum verteilen können, bieten sich separate Lautsprecherboxen an, die so aufgestellt werden, daß sie das Signal in verschiedene Richtungen des Raums verteilen können.
Bei all der Technik bleibt natürlich weiterhin die Herausforderung bestehen, daß die Teammitglieder tatsächlich den angebotenen Kommunikationskanal nutzen. Die Leute müssen letztendlich auch miteinander reden wollen. Neben den obligatorischen Scrum Meetings kann es hilfreich sein, wenn die Video/Audio-Verbindung permanent aufrecht erhalten wird. So können beide Seiten auch die Gespräche "zwischen den Scrum Meetings" mitbekommen und deren Erkenntnisse direkt in ihre eigene Arbeit einfließen lassen. Vorausgesetzt die Bürosituation läßt dies ohne großartige Störungen für die Gegenseite zu.